Erinnerungen

Gestern, während der Rückfahrt von Rostock nach Berlin, haben wir uns so ein wenig über Politik, Meinungen und Bildung unterhalten. Ich unterhalte mich ja gerne über diese Themen, denn sie gehören zusammen. Die Erkenntnis, die ich daraus gezogen habe, ist nicht neu, ich habe darüber schon oft gesprochen – im Podcast mit Christian zum Beispiel – oder hier im Blog geschrieben, aber auch die Zeit während der Pandemie hat es untermauert. Wir haben ein Problem damit, die Meinung und Ansichten anderer zumindest zuzulassen, ihnen zuzuhören, ihnen einen Raum zu geben. Dadurch verhärten sich Fronten, Menschen werden in Schubladen gestopft und die eigene Meinung bleibt meist unangetastet, weil anderen Argumenten einfach nicht zugehört wird.

Klar, die Argumente werden gehört, aber sie dürfen nicht auf einen Resonanzboden fallen, sie werden schon vorher durch Emotionen abgefangen, weil sie nicht sein dürfen, weil die eigene Meinung schon richtig sein muss.

Das ist nicht einmal wirklich verwunderlich, denn wir – als Gesellschaft – lernen das Debattieren, das Zulassen von anderen Meinungen, das Zuhören nirgendwo. Nicht in der Schule, wo Schüler*Innen erst einmal hinzunehmen haben, was Lehrer*Innen sagen, widerspruchslos, weil Lehrer*Innen die Autorität sind, auf die Schüler*Innen zu hören haben. In Familien nicht, weil Kinder und Jugendliche erst einmal hinzunehmen haben, was die Eltern entscheiden, widerspruchslos, weil die Eltern eine Autorität sind und Kinder und Jugendliche zu hören haben. In Unternehmen nicht, weil Arbeitgeber Autoritäten sind, und die Arbeitnehmer*Innen die Entscheidungen der Arbeitgeber erst einmal hinzunehmen haben, widerspruchslos, weil die Arbeitnehmer*Innen einen Vertrag geschlossen haben, der sie dazu verpflichtet, auf ihre Arbeitgeber zu hören.

Ja, das ist jetzt eine sehr allgemeine Aussage. Sie trifft nicht auf alle Lehrer*Innen zu, nicht auf alle Familien, nicht auf alle Arbeitgeber, aber doch noch auf viele und in einem solchen Umfeld ist es halt sehr schwer zu lernen, anderen Meinungen und Ansichten einen Raum zu geben, die eigenen Meinungen und Ansichten zu reflektieren und zu hinterfragen, sich die Offenheit zu bewahren, die für eine demokratische Gesellschaft notwendig wäre. Viel mehr suchen wir uns unsere Autoritäten, die, die uns unsere Meinung vorgeben, die wir dann verteidigen, weil wir sie für richtig halten. Oder wir bilden uns einfach gar keine Meinung, schwimmen mit im Schwarm und wundern uns dann, wenn der Schwarm plötzlich gegen eine Wand prallt und wir selbst dann eben auch gegen diese Wand prallen.

Heute habe ich auf Youtube ein Video gesehen – eine Sendung vom 3Sat – in der es um Hannah Arendt und um Kant ging. Und die Aussage, dass wir zwar im privaten Denken können, aber diese Gedanken dann im öffentlichen Raum diskutiert werden müssen, die gefiel mir. Sie ist wahr, weil wir in unseren Gedanken immer nur auf unser eigenes Wissensnetz zurückgreifen können, immer nur auf unsere Erfahrungen, auf all die Verknüpfungen in unserem Gehirn, die sich über die Jahre aufgebaut haben, aber eben nicht auf die Wissensnetze der anderen Menschen. Das können wir nur, wenn wir unsere Meinungen und Gedanken dann auch mit der Öffentlichkeit teilen. Aber dazu müssen wir mit Kritik umgehen können, müssen offen sein für andere Meinungen, müssen uns selbst reflektieren.

Mein Blog ist so ein Ort, wo ich meine Gedanken der Öffentlichkeit übergebe. Was fehlt, ist der Austausch, die Kritik, die Zustimmung, das Aufzeigen von anderen Möglichkeiten. Er ist möglich, denn die Kommentarfunktion in meinen Blogs war immer offen und wird es auch bleiben. Ich halte den Austausch in einem Blog für notwendig, auch wenn es eher nur noch vereinzelte Kommentare gibt. Was traurig ist, eben aus den Gründen, die ich hier im Artikel aufgeschrieben habe.

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