Erinnerungen

Na, welche Serien habt ihr früher gerne geschaut? Schaut ihr sie heute immer noch gerne?

Ich frage, weil ich immer wieder feststelle, dass ich Serien, die ich vor 20 Jahren gerne gesehen habe, heute nur noch zum Kotzen finde. FRIENDS zum Beispiel! Früher habe ich sie gerne geschaut, konnte darüber lachen, heute finde ich den Inhalt grauenvoll, brauche meist nur zwei Minuten, um mich über die Klischees und Vorurteile aufzuregen, die in der Serie verarbeitet werden, und schalte dann relativ schnell wieder weg. Eigentlich positiv, zeigt es doch, wie stark sich Menschen doch verändern, wie sich Humor und Geschmack verändert, wie sich auch die Bildung verändert.

Dann gibt es Serien, die kann ich einfach nicht mehr sehen, weil es eigentlich immer dasselbe ist und weil es bestimmte Dinge verherrlicht, die gar nicht so herrlich sind. NavyCIS ist so eine Serie. Nicht nur, dass sich hier eigentlich immer wieder alles wiederholt, es wird auch immer wieder aufgezeigt, dass die Agent*Innen halt ab und an auch Grenzen überschreiten müssen, um zum Ziel zu kommen und dass dieser Grenzüberschritt auch gar nicht so schlimm ist, weil es ja zur inneren Sicherheit beiträgt. Kurz gesagt, hier sollen Menschen darauf geprägt werden, dass es halt ab und an nicht so schlimm ist, wenn Rechte von Journalist*Innen eingeschränkt werden, wenn Bürger*Innenrechte eingeschränkt werden, weil es ja nur geschieht, um ein höheres Ziel – nämlich Gerechtigkeit – zu erreichen. Mich ekelt das häufig nur noch an, weswegen ich für viele ein Störfaktor beim Serienschauen bin.

Und es macht Klick …

Eben hatte ich dann beim Schauen einer Serie den Moment, wo meine positive Stimmung ins Negative kippte. „Last Man Standing“ heißt die Serie und es ging um einen Konflikt in der Familie. Konflikte sind ja erst einmal nichts Negatives, gehören dazu und können alle Beteiligten weiterbringen. Aber hier war ich dann jetzt doch geschockt, weil die Lösung des Konflikts einfach nur aussagte, dass die Erwachsenen schon wissen, was sie tun, Jugendliche dies noch nicht verstehen könnten und sie das als Jugendliche einsehen muss. *KLICK*

Genau ging es um Fracking. Die Mutter hat wohl einen Job bei einem Frackingunternehmen angenommen, die Tochter fand das grauenvoll und wollte, dass die Mutter den Job wieder kündigt.

Der Vater fand grauenvoll, dass die Tochter es grauenvoll fand, wie die Mutter ihr Geld verdient, wollte das die Tochter sich entschuldigt, die wollte nicht und so nahm die Geschichte ihren Lauf. So den Standard-Verlauf, wenn ich es mal so nennen darf:

Tochter zieht in den Garten ins Zelt, weil sie beweisen möchte, dass ihr ihre Ansichten und Standpunkte wichtiger sind, weswegen sie auf Energie verzichtet und was sie durchhalten möchte, bis die Mutter ihren Job gekündigt hat. Der Vater wendet billige Tricks an, um ihr zu zeigen, dass ihre Standpunkte blöd sind, die Tochter widersteht ein paar Stunden, dann kommt sie zurück ins Haus und entschuldigt sich.

Aber wofür entschuldigt sie sich eigentlich? Dafür, dass sie eigene Haltelinien hat, eigene moralische Vorstellungen, über welche sie gerne diskutieren möchte? Dafür, dass sie noch eine Jugendliche ist und sie das Handeln der Erwachsenen infrage gestellt hat?

„Mach uns keine Vorwürfe, weil wir deine Gegenwart finanzieren, indem wir deine Zukunft zerstören!“

Klar, Strom kommt nicht einfach so aus der Steckdose, er wird irgendwie erzeugt, genauso wie die Wärme zum Heizen, aber aus dieser Tatsache ergibt sich ja nicht, dass die Jugendlichen – wenn sie denn weiterhin Strom verwenden möchten – nicht hinterfragen dürfen, wo die Energie herkommt. Sie dürfen es, sie dürfen auch mit ihren Eltern darüber streiten, ob – wie in diesem Fall Fracking – sie den richtigen Job haben. Bedeutet ja nicht, dass die Mutter wirklich gleich ihren Job kündigen muss, bedeutet aber, dass es eine gesunde Diskussions- und Streitkultur geben muss in der Familie.

In meinem Kopf hätten die sich also an einen Tisch gesetzt, die Tochter hätte ihre Bedenken und Einwände vortragen können, die Eltern ihre Positionen. Am Ende hätten alle etwas gelernt, die Tochter hätte wahrscheinlich nicht mehr darauf bestanden, dass die Mutter ihren Job sofort kündigt, die Mutter hätte eventuell eingesehen, dass das Fracking vielleicht doch nicht das geringere Übel ist. Vielleicht hätten sie sich auch noch einmal darüber ausgetauscht, ob Solarenergie wirklich zu kostenintensiv ist und ob Windräder wirklich so schreckliche Vogelmörder sind, was in der Szene auch eben mal in zwei Sätzen vermittelt wurde.

Für mich sollten Familien aber auch eher ein demokratischer Ort sein. Kein Ort, wo die Eltern immer recht haben und die Kinder das nach einer kurzen Trotzphase dann auch einsehen, so wie es in vielen Serien dargestellt wird, so wie es auch in dieser Szene wieder dargestellt wurde.

Sicher, diese Szene gibt auch so generell wieder, wie es in unserer Gesellschaft läuft. Wenn junge Menschen für ihre Ideale kämpfen, werden diese Ideale meist abgewertet, wird verlangt, dass sie doch erst einmal richtig arbeiten sollten, wird unterstellt, dass sie noch nicht genügend Erfahrungen haben, um überhaupt schon Ideale besitzen zu können. Und ja, es ärgert mich immer mehr, dass genau diese Vorstellungen in Serien immer wieder verbreitet werden!

Erfahrungen sammeln junge Menschen auch dann, wenn sie für ihre Ideale kämpfen und wenn sie dabei nicht immer wieder ausgebremst werden, dann könnte sich daraus sogar auch ein positiver Effekt für unsere Demokratie entwickeln, aber dann könnte sich ja das Leben der alten Menschen verändern, die aber meist nicht mehr bereit sind, sich für Neues zu öffnen und ihre eigenen Ansichten zu hinterfragen.

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