Damals, Ende 2000 und in den ersten Monaten des Jahres 2001, habe ich ein Praktikum beim Saturn hier am Alexanderplatz gemacht. Ich war damals 18, hatte mich davon verabschiedet, eine Ausbildung zum Koch machen zu wollen, wusste aber noch nicht, was ich denn dann anderes machen möchte. Es wurde dann eine Ausbildung zum Kaufmann im Groß- und Außenhandel – Fachrichtung Großhandel. Aber das soll nicht das Thema sein, denn ich erinnere mich an dieses Praktikum, weil ich damals des Öfteren kein Geld hatte, um mir eine Fahrkarte zu kaufen, damit ich zu meiner Praktikumsstelle fahren konnte. Heißt, ich musste mich entscheiden, ob ich ohne Fahrschein fahre oder ob ich von meinem Wohnort aus zum Alexanderplatz laufe. Ein Fahrrad hatte ich damals nicht, diese Alternative stand mir also nicht zur Verfügung.

Mit dem ÖPNV hätte ich damals jeweils 20 Minuten hin und auch wieder zurück gebraucht, zu Fuß brauchte ich mindestens eine Stunde hin und auch wieder zurück. Es ging also um 40 Minuten Fahrzeit oder um 2 Stunden Gehzeit, zwischen denen ich mich damals immer entscheiden musste. Und so ein Praktikum habe ich ja auch nicht zum Vergnügen gemacht, sondern um den richtigen Weg für meine Zukunft zu finden.

Mir fiel das wieder ein, weil ich gestern ein wenig die Diskussion um das 49,- Euro Ticket verfolgt habe. 49,- Euro, um einen ganzen Monat mit dem ÖPNV durch ganz Deutschland zu fahren. Ich hätte mir damals auch so ein Ticket nicht leisten können, was ja auch ein Kritikpunkt in der Diskussion um dieses Ticket ist, aber es ist auf jeden Fall ein riesiger Schritt beim Thema Mobilität. Es eröffnet Möglichkeiten, die viele bisher nicht hatten. Wege, um sich eine Zukunft aufbauen zu können, die bisher versperrt waren, weil die Mobilitätshürde einfach zu hoch war.

Das gilt nicht für alle, das ist richtig und muss auch thematisiert werden, aber es gilt für einige, ist für einige Menschen also eine deutliche Verbesserung und somit ist es auch ein erster Schritt in die richtige Richtung. Ein Schritt, der Ende 2021 noch undenkbar war, der jetzt innerhalb eines Jahres gegangen wurde, weswegen er nicht perfekt sein kann, weswegen er auch nicht perfekt sein muss!

Natürlich muss jetzt auch der ÖPNV ausgebaut werden, natürlich muss es noch Lösungen für Menschen geben, die sich auch dieses Ticket nicht leisten können, alles richtig. Auch richtig ist, dass das Ticket derzeit noch keine große Hilfe für Menschen ist, die auf dem Land leben, weil dort der ÖPNV nicht wirklich gut ausgebaut ist. Dafür wird es auch Konzepte geben müssen, aber das sind die nächsten Schritte, die gegangen werden müssen.

Wie schon erwähnt, ich hätte mir damals auch kein 49,- Euro Ticket leisten können, das Geld wäre einfach nicht da gewesen und da sind wir dann beim Thema Chancengleichheit. Die Ermöglichung von Mobilität ist also auch eine Verbesserung der Chancengleichheit. Deswegen ist es wichtig, dass hier auch die Mobilität für Menschen ermöglicht wird, die von Armut betroffen sind, die sich auch ein 49,- Euro Ticket nicht leisten können. Genauso wichtig ist es, dass das Ticket ohne große Hürden vergeben wird, Hürden wie zum Beispiel die Bonitätsprüfung eine ist. Damit will niemand das Ticket madig reden, es ist nur ein weiterdenken, was viele, für die sich schon jetzt eine riesige Welt an Möglichkeiten eröffnet, leider vergessen.

Ich habe mich früher übrigens meistens dazu entschieden, den Weg zu laufen. Es war zwar Winter, es war kalt, aber es war immer noch besser, als sich die 60,- DM Strafe abzuholen, die damals für das Schwarzfahren fällig waren.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Wir bieten Ihnen an, auf unseren Internetseiten Fragen, Antworten, Meinungen oder Bewertungen, nachfolgend nur „Beiträge genannt, zu veröffentlichen. Sofern Sie dieses Angebot in Anspruch nehmen, verarbeiten und veröffentlichen wir Ihren Beitrag, Datum und Uhrzeit der Einreichung sowie das von Ihnen ggf. genutzte Pseudonym.

Rechtsgrundlage hierbei ist Art. 6 Abs. 1 lit. a) DSGVO. Die Einwilligung können Sie gemäß Art. 7 Abs. 3 DSGVO jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen. Hierzu müssen Sie uns lediglich über Ihren Widerruf in Kenntnis setzen.

Darüber hinaus verarbeiten wir auch Ihre IP- und E-Mail-Adresse. Die IP-Adresse wird verarbeitet, weil wir ein berechtigtes Interesse daran haben, weitere Schritte einzuleiten oder zu unterstützen, sofern Ihr Beitrag in Rechte Dritter eingreift und/oder er sonst wie rechtswidrig erfolgt.

Rechtsgrundlage ist in diesem Fall Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO. Unser berechtigtes Interesse liegt in der ggf. notwendigen Rechtsverteidigung.

Auszug aus unserer Datenschutzerklärung.