Als ich damals mit dem Bloggen begonnen habe, war es einfach nur Neugierde, die mich getrieben hat. Ich hatte in einem Papiermagazin von der Möglichkeit gelesen, im Internet eine Art von Tagebuch zu führen. Das war 2003 oder 2004. Es wurde auf ein gewisses Portal hingewiesen, dessen Namen ich leider schon vergessen habe, der aber sicher irgendwo hier im Blog noch zu finden ist und die Möglichkeit, dort zu schreiben, faszinierte mich sofort. Warum das damals so war, weiß ich gar nicht mehr so genau und die Inhalte, die ich damals produziert habe, existieren auch gar nicht mehr, auch wenn ich das ein oder andere Thema durchaus noch weiß. Tatsächlich habe ich auch immer wieder ziemlich schnell aufgegeben, vor allem deswegen, weil es damals doch sehr in Mode war, nicht auf die Themen einzugehen, die in einem solchen Eintrag bearbeitet wurden, sondern mehr auf die Rechtschreibung zu gehen, um damit den eigentlichen Inhalt abzuwerten und die Menschen dahinter anzugreifen. Die Möglichkeit, dass sich Menschen durch das Schreiben von Artikeln auch mit der eigenen Sprache auseinandersetzen, wurde von diesen Menschen nicht gesehen und ich fand es immer traurig, wenn sich Menschen dann überhaupt nicht mehr getraut haben, ihre Texte dann online zu veröffentlichen. Traurig darüber, dass hier die Chance genommen wurde, dass die Rechtschreibung sich deutlich verbessert und ebenso traurig darüber, dass die Möglichkeiten zur Verknüpfung von Gedanken, Erfahrungen und Ansichten dadurch verloren gegangen sind.
Ich selbst habe mich allerdings nie wirklich davon abbringen lassen, meine Texte ins Internet zu stellen. Ich war aktiv in einem Gedichte-Portal, wo junge Menschen ihre Texte geteilt haben, in Foren, wo über dies, das und die Welt diskutiert wurde, in Chats und was es sonst noch alles gab. Und ja, auch dort gab es viele Menschen, die sich nur über die mangelhafte Rechtschreibung lustig gemacht haben, aber es gab auch immer die Möglichkeit, Gedanken auszutauschen, eigene Standpunkte zu reflektieren und diese mit anderen Erfahrungen zu verknüpfen. Es war mir auch damals schon klar, dass ich unbedingt was Eigenes haben wollte. Erst eine Webseite, dann ein Forum und irgendwann dann ein Blog. Tatsächlich habe ich damals mit meiner privaten Webseite begonnen, aber es fehlten mir die Möglichkeiten, da so eine Webseite ja doch eher eine Einbahnstraße ist und Feedback, der Austausch von Gedanken, dort doch eher schwierig war. Dann kam meine Literaturseite dazu, wo ich über gelesene Bücher reflektierte, wobei es am Anfang noch kein wirkliches Reflektieren war, weil auch hier der Austausch nicht möglich war. Es musste also ein CMS her, mit dem mehr Austausch möglich wurde, um so den Möglichkeitsraum zu schaffen, den ich haben wollte. Die Möglichkeit, über das Gelesene zu reflektieren und mit anderen darüber ins Gespräch zu kommen. Um Impulse zu geben, damit andere mit dem Lesen beginnen, denn auch Bücher sind riesiger Möglichkeitsräume. Möglichkeitsräume, über die ich gerne mit anderen diskutiert hätte, über die ich gerne in einen Austausch gekommen wäre.
Ich habe mich leider damals nicht für WordPress entschieden, obwohl es das wohl schon in den ersten Anfängen gab, ansonsten wäre meine Literaturseite „lesensiegut.de“ vielleicht genau der Ort geworden, den ich gerne gehabt hätte. Er ist es leider nie geworden, auch wenn er bis heute im Internet ist und inzwischen auch mit WordPress betrieben wird. Ich sah schon damals immer die Möglichkeiten zum Lernen, die sich durch den Austausch von Gedanken, Erlebnissen und anderen Standpunkten hätten ergeben können. Die Möglichkeit, einen Raum zu haben, wo neue Ideen hätten entstehen können.
2008 entstand dann dieser Blog hier. Nicht, weil ich von meinem Literaturblog enttäuscht war, sondern weil ich zu der Zeit mein Abitur nachgeholt habe und ich einen Ort brauchte, um noch einmal über das Gelernte zu reflektieren, natürlich mit der Möglichkeit, das andere Menschen ihre Gedanken dazu im Blog hinterlassen können und sich so die Möglichkeit für mich eröffnet, durch diese Gedanken tiefer in die Themen einzusteigen und so mein Wissen zu verfestigen und zu vertiefen.
2008 war auch das Jahr, in dem ich mich auf Twitter angemeldet habe. Ebenfalls so ein Möglichkeitsraum, der sich inzwischen zu einer Dystopie entwickelt hat. Das aber nur nebenbei, weil Twitter halt auch spannend war. Ein Raum, um sich mit wenigen Zeichen einem Thema zu nähern, einen Gedanken festzuhalten und diesen dann mit anderen Gedanken von anderen Menschen zu vernetzen, woraus dann ein neuer Gedanke hätte entstehen können. Zumindest bestand immer die Möglichkeit.
Vor kurzem habe ich mich dann mit einer KI unterhalten. Ich war neugierig und suchte auch nach einer Idee, wie ich mein Lebens-ABC hier im Blog fortsetzen könnte. Ich war irgendwie im Gedanken gefangen, dass das „M“ unbedingt zum Thema Motivation sein müsste, doch davon habe ich viel zu wenig, weswegen der Artikel auch nie entstanden ist. Möglichkeiten aber, die sehe ich immer wieder und die Möglichkeit zum Verknüpfen von Gedanken, zum Austausch von Meinungen und Erfahrungen, die fasziniert mich immer noch. Vor allem die Aussicht darauf, welche Möglichkeitsräume dadurch eröffnet werden könnten, wenn bloggen genau zu dieser Vernetzung, zu diesem Austausch führen würde.
Die Möglichkeiten, wenn wir in Blogartikeln nicht sofort die Antworten suchen, sondern diese als Impuls verstehen, gemeinsam auf die Suche nach diesen Antworten zu gehen. Die Möglichkeit, in diese Suche eigene Impulse einzubringen, die aus dem eigenen Inselwissen stammen und so durch gemeinsames Nachdenken zu einem gemeinsamen Wissen werden könnten, damit neue Ideen entstehen können. Gemeinsames Brainstormen sozusagen, damit möglichst viele unterschiedliche Erfahrungen zusammengebracht werden können.
Was würde es für Möglichkeiten auftun, wenn wir jedes Gehirn als eigenes Universum sehen würden, welches durch unterschiedliche Erfahrungen und Sozialisationen geformt wurde und das Bloggen als die Möglichkeit, diese Universen zu verknüpfen. Dazu müssten sich natürlich deutlich mehr Menschen trauen, ihre Gedanken, ihr Wissen, ihre Erfahrungen frei für alle zugänglich zu machen und dann auch den Mut haben, mit diesen in den Diskurs zu gehen, sich auszutauschen, sie mit anderen Gedanken, mit anderem Wissen zu verknüpfen, sodass etwas Neues entstehen kann. Ist das nicht ein spannender und faszinierender Möglichkeitsraum, der sich dadurch eröffnen würde?
Ich sehe diese Möglichkeit immer, wenn ich einen neuen Artikel schreibe. Ich habe sie schon damals gesehen, auch wenn ich vielleicht nicht immer passend reagiert habe – soviel Selbstkritik muss an dieser Stelle sein, denn auch ich musste und muss immer noch lernen, mit Kritik gut umzugehen. Wahrscheinlich ist es aber dann auch die Enttäuschung darüber, dass diese Möglichkeiten eher selten auch genutzt werden, warum hier von Jahr zu Jahr immer weniger Artikel erscheinen.