Hach, es gibt so vieles in der Welt, über das ich jetzt schreiben könnte, weil es mich aufregt, aber ich möchte jetzt auf was ganz Banales eingehen. Ich möchte es deswegen ansprechen, weil es meist gar nicht böse gemeint ist, weil der Blickpunkt ein anderer ist, weil es aber wahrscheinlich zu Missverständnissen führt, die vermieden werden könnten. Als Beispiel nehme ich etwas von Riff Reporter. Erstens weiß ich, dass die das richtig einordnen können und zweitens weiß ich, dass die Menschen dort mit Kritik umgehen und auch darüber reflektieren können. Es geht um Sprache und um Armut.

RiffReporter bietet auf seiner Webseite ein flexibles Abo an. Menschen, die nicht soviel haben, zahlen weniger und andere, die es können, dann eben mehr. Finde ich super, weil dadurch die Zugangsschwelle niedrig gehalten wird, auch wenn sie natürlich immer noch Menschen ausschließt, aber am Ende muss die Arbeit ja auch bezahlt werden, die die Menschen, die hinter RiffReporter stehen, machen. Das ist auch gar nicht das Problem, auf welches ich hinaus will, auch wenn es natürlich ein Problem ist, was aber nicht die RiffReporter lösen können oder müssen, sondern wir als Gesellschaft. Mein Problem ist die Formulierung, die vor der Auswahl des Abopreises steht:

„Mit dem Riff-Abo alle bezahlpflichtigen Artikel unbegrenzt lesen. Mit dem Schieberegler bestimmen Sie mit, wie viel Ihnen unsere Arbeit wert ist. Das Abo ist monatlich kündbar, der angezeigte Preis gilt pro Monat.“

RiffReporter

Ist mir die Arbeit nur 8,- Euro wert?

So so, mit dem Schieberegler bestimme ich also mit, wie viel mir die Arbeit wert ist? Das schreckt mich ab, denn mir ist die Arbeit von den RiffReportern mehr wert als die 8,- Euro, die ich mir gerade so leisten könnte. Aber wenn ich mit dem Abopreis, den ich wähle, eine Wertung abgebe, ich also bewerte, wie viel mir die Arbeit wert ist, dann sollte ich das mit dem Abo vielleicht doch lassen, weil diese Wertung möchte ich so nicht abgeben. Ja, so denke ich, wenn ich eine solche Formulierung lese und noch schlimmer, ich würde mich jetzt sogar schämen, mir ein Abo zum Minimal-Preis zu holen, weil ich damit ja zeigen würde, dass mir die Arbeit nicht mehr wert ist, als der Mindestpreis.

Ich bin mir sicher, dass das nicht die Absicht hinter dem Text ist, aber er vermittelt ein Schamgefühl und wenn ich das Abo abschließe, dann wissen die Menschen bei RiffReporter sogar, wer ich bin. Dabei würde ich ja eigentlich mit dem Abo gerne zum Ausdruck bringen, dass ich die Arbeit wertschätze und ich mit meinem Beitrag – der zwar das Minimum von dem ist, was möglich ist – genau diese Arbeit unterstützen möchte.

Das schreckt ab, schon weil Menschen ja etwas von sich preisgeben, wenn sie den Minimalbeitrag wählen. Sie sagen, dass sie nicht viel Einkommen haben, sie zeigen, zu welcher wirtschaftlichen Schicht sie gehören, sie machen sich damit verletzbar. Wenn dann noch so ein Text dazu kommt, der hier ein Schamgefühl auslöst, der suggeriert, dass ich mit meinem Beitrag eine Wertung über die Arbeit abgebe, ja dann wird es schwierig.

Was ich damit sagen möchte – und das gilt nicht nur für die Formulierung beim RiffReporter – passt auf bei euren Formulierungen. Es ist super, wenn ihr möglichst viele Menschen an etwas teilhaben lassen wollt, aber wenn ihr sie dann mit Formulierungen, die ein negatives Gefühl auslösen, wieder abschreckt, hat keiner einen Vorteil davon. Und ja, das gilt auch im Fediverse, wenn es zu Spendenaufrufen für die Admins kommt. Die sind richtig und wichtig, aber sie sollten so formuliert sein, dass sich Menschen, die nichts geben können, nicht ausgeschlossen fühlen.

2 Gedanken zu „29.10.2022: Armut und Teilhabe – Gut gemeint, schlecht formuliert …

  1. Hey Sven,

    hast du dich da nicht ein wenig verlaufen? Den auf der ganzen Abo-Seite ist nichts davon zu finden, dass es darum geht finanziell schwachen einen bezahlbaren Zugriff auf die Artikel zu geben. Man staffelt einfach nur den Betrag. Die großzügigen dürfen gerne Mehrzahlen. Alle anderen Zahlen eben 8 €.

    Eigentlich ein schönes Beispiel dafür, das man soviel formulieren kann wie man will .. es kann immer falsch verstanden werden.

    • Der normale Preis sind 13,- Euro, die 8,- Euro sind der Preis für Menschen, die nicht soviel zahlen können. Es geht aber generell um die Formulierung und die Menschen vom RiffReporter haben mir da auch schon zugestimmt. Und klar, es ist schwierig, eine passende Formulierung zu finden, aber die gibt es sicher.

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