Irgendwo versteckt auf dem weiten Meer gibt es eine Insel. In der Mitte der Insel steht ein großer Nadelbaum. Dieser wird das ganze Jahr über von all den Inselbewohnern geschmückt, schön bunt und festlich. Dieser Baum ist gleichzeitig auch der Treffpunkt für alle Bewohner der Insel. Hier wird zusammen getanzt, zusammen gegessen, zusammen diskutiert und gestritten. Es werden Pläne geschmiedet, die notwendige Arbeit verteilt. Es wird hier gelacht, ab und an auch geweint. Es wird gespielt, gemeinsam fern gesehen. Dieser Ort ist, um es knapp zu sagen, der wichtigste Ort auf der Insel.
Natürlich haben die Bewohner auch einen zweiten wichtigen Ort. Den Ort, an dem sie alleine sein können, an dem sie sich zurückziehen, wenn sie gerade nicht Gemeinsamkeit, sondern Einsamkeit brauchen. Hier können sie sich frei entfalten, ihren Gedanken und Hobbys frönen. Sie wissen alle, dass es neben all den schönen gemeinsamen Stunden auch Stunden der Einsamkeit oder auch Zweisamkeit geben muss. Stunden des Rückzugs, die jedem Bewohner den Freiraum geben, den jeder von ihnen braucht.
Die Bewohner der Insel leben seit Anbeginn friedlich zusammen. Es gibt natürlich auch mal unterschiedliche Meinungen, unterschiedliche Entwürfe für das gemeinsame Leben, aber diese Unterschiede werden respektiert, bringen keine Feindschaften hervor. Und auch Fremde werden mit diesem Respekt empfangen. Sie werden in die Gemeinschaft eingebunden, bekommen Aufgaben, bekommen aber auch ihren Rückzugort. So werden aus Fremden Bekannte und aus Bekannten werden Freunde …
Sven: „Herr Bär, sag mal, wolltest du mir nicht eine Weihnachtsgeschichte erzählen?“
Teddy: „Aber ich bin doch gerade dabei!“
Sven: „Bisher kam aber Weihnachten in der Geschichte noch gar nicht vor.“
Teddy: „Ja sag mal Sven, hörst du mir eigentlich zu, wenn ich etwas erzähle? Warum sollte auf einer Insel, auf der das ganze Jahr über ein geschmückter Baum steht, wo die Menschen sich jederzeit an einen stillen Ort zurückziehen können, um sich auf wesentliches besinnen zu können und wo sie ansonsten die gesamte Zeit mit all ihren Freunden, Bekannten und der Familie verbringen und auch feiern können, warum sollte es auf solch einer Insel noch Weihnachten geben?“
Sven: „Ähm, weil du hier die Geschichte für den Blogadventskalender erzählen wolltest?“
Teddy: „Ja, aber dazu muss es doch nicht immer eine Weihnachtsgeschichte sein. Es geht doch Weihnachten darum, Zeit mit der Familie zu verbringen, darum, sich auf das Wichtige im Leben zu besinnen. Aber das geht doch immer, nicht nur zu Weihnachten. Ich könnte mich zum Beispiel mitten im August mit meiner Familie treffen, mit ihnen Plätzchen backen und Zeit mit ihr verbringen. Ich könnte das auch im Februar machen oder im März.“
Sven: „Ja Teddy, dass könntest du, aber wir sollen hier doch etwas für den Blogadventskalender schreiben. Du weißt doch, dass der Alex sonst ein Problem hätte, wenn das 19te Türchen leer bliebe?“
Teddy: „Klar, aber ich war doch gerade dabei eine Geschichte zu erzählen. Weißt du noch 2015, als ich einfach nicht in Weihnachtsstimmung kommen konnte, wegen der sozialen Kälte hier in Deutschland und Europa?“
Sven: „Sicher weiß ich das noch, haben wir ja auch im Adventskalendertürchen darüber geschrieben.“
Teddy: „Siehst du, viel hat sich seit damals nicht verändert. Es ist alles noch viel schlimmer geworden. Der Hass in den Straßen und im Internet. Das ganze Leid und der ganze Neid. Die vielen Ängste, die vielen Menschen, die nicht einmal das Geld haben, um sich ein Weihnachtsessen leisten zu können, die Obdachlosen. Da dachte ich mir, es wäre Zeit für eine Geschichte, in der all das nicht vorkommt. Eine Geschichte ohne Hass, ohne Neid, ohne Gewalt und Hunger. Ein Ort, an dem die Leute das ganze Jahr über ihre Weihnachtsstimmung bewahren, ohne zu wissen, was Weihnachten überhaupt ist und ohne den Stress, den sich die Menschen in der Vorweihnachtszeit machen. Weißt du, wir haben schon über einen Obdachlosen geschrieben, der sein letztes Geld für ein armes Kind ausgegeben hat. Wir haben über den Weihnachtsmann geschrieben, der Weihnachten einfach verschlafen hat und wir haben über Jamilia geschrieben.“
Sven: „Das haben wir.“
Teddy: „Und jetzt dachte ich mir, jetzt erzählen wir den Leuten einmal eine Geschichte, in der es nicht um Weihnachten geht. Eine Geschichte von einer solidarischen Gesellschaft ohne Hass und ohne Neid. Eine Gesellschaft, in der es nicht darum geht, besser zu sein als die Anderen. Eine Gesellschaft voll mit Besinnlichkeit, Freude und Lebensglück. Weihnachten halt, nur das ganze Jahr über und halt ohne Geschenke.“
Sven: „Und worauf sollen sich die Kinder dann das ganze Jahr über freuen?“
Teddy: „Warum braucht es denn einen Fixpunkt im Jahr für die Kinder? Warum können die sich denn nicht das ganze Jahr über, über jeden Tag freuen? Jeder Tag kann Glück und Freude bringen, jeden Tag können sie mit ihrer Familie etwas erleben oder mit Freunden oder auch ganz alleine. Jeder Tag steht für etwas Neues, vielen neuen kleinen Momenten, die jeder gerne für immer behalten möchte. Geschenke, die das ganze Leben lang bleiben. Natürlich auch Missgeschicke und Abschiede, aber auch das gehört zum Leben dazu. Und notfalls können sich die Kinder ja auch auf ihren Geburtstag freuen. Sie würden vielleicht ein Fest verlieren, wobei die Leute in meiner Geschichte das Fest ja gar nicht kennen, aber sie würden so viel mehr Gewinnen. Menschlichkeit zum Beispiel, eine Welt ohne Hass und Gewalt, ohne Hunger und Leid. Sie könnten wirklich Kind sein, könnten sich jeden Tag freuen, auf jeden Tag ohne Armut …“
Sven: „Ach Teddy, jetzt habe ich dir deine ganze Geschichte kaputt gemacht. So, wie du hier die ganze Zeit schwärmst, wäre es sicher eine schöne Geschichte geworden. Vielleicht solltest du sie jetzt doch weitererzählen und hat die Insel denn eigentlich einen Namen?“
Teddy: „Ach Sven, jetzt bin ich nicht mehr in der Stimmung für diese Geschichte, vielleicht erzähle ich sie dir später einmal. Und die Insel, das ist die Insel der Weihnacht. Du kannst sie jedes Jahr für genau drei Tage im Jahr besuchen. Dann ist sie überall dort, wo Weihnachten gefeiert wird. Irgendwo, versteckt auf dem weiten Meer, aber immer nur dann erreichbar, wenn die Menschen wirklich ihren Hass und ihren Neid vergessen …“
Schöne, nachdenklich machende Geschichte.
Vielen Dank für das Söckchen!
Ich wünsche dir eine schöne Zeit auf Deiner „Weihnachtsinsel“ und einen guten Rutsch ins neue Jahr!
Schöne Geschichte. Danke dafür!
Schöne Festtage und ein gutes neues Jahr wünsche ich 🙂
Immer wieder schöne Geschichten von dir. Liest sich gut, hat Tiefe, regt Gedanken an und… gefällt einfach. Immer wieder schön. Danke dafür.
Dir ein besinnliches Fest, ruheige Tage und für 2019 nur das Beste!