„Die Bahn ist weg“, würde ich gerne den Leuten hinterher rufen, die plötzlich anfangen zu rennen, obwohl die S-Bahn schon längst wieder angefahren ist. Doch dann denk ich mir, dass es kalt ist und dass sie doch ruhig laufen sollen. Dann haben sie wenigstens ein wenig mehr Wärme zur Verfügung, wenn sie auf die nächste S-Bahn warten – die, wenn sie Glück haben, ein paar Minuten später kommt.
S-Bahn fahren in Berlin ist ja so ähnlich, wie Lotto spielen. Wobei die Chancen steigen, umso mehr Geld man in das Los investiert. Mit einem Einzelfahrschein hat man zwei Stunden Zeit, eine S-Bahn zu bekommen, mit einer Tageskarte schon 24 Stunden und mit einem Monatsticket sogar einen ganzen Monat. Wenn man Glück hat, dann fährt die S-Bahn in Berlin so, wie sie fahren soll, wenn man Pech hat, hat man eine Niete gekauft.
Und dann verstehe ich auch, warum die Leute zur S-Bahn laufen, die bereits wieder angefahren ist. Sie alle hoffen auf ein Wunder…
Wunder gibt es nicht, schon gar nicht bei der S-Bahn. Es sei denn, man betrachtet das seit mindestens drei Jahren bei der S-Bahn herrschende Chaos als Wunder.
Es vergeht kein Tag ohne Zugausfälle, Verspätungen Linieneinkürzungen, Wagen mit defekten Türen, Signalstörungen oder anderer Unplanmäßigkeiten.
Über die Ursachen wurde schon viel geschrieben, Tatsache ist, dass diese zum deutlich überwiegenden Teil bei der Deutschen Bahn AG und Ihrer Tochterunternehmen (S-Bahn Berlin GmbH, DB Netz AG) liegen. Oder sind wir Fahrgäste etwa schuld, dass die S-Bahn mindestens 50 Triebfahrzeugführer zu wenig hat ? Oder dafür, dass Weichen einfrieren oder Streckenanschläge ?
Nein, wir Fahrgäste sind nur die Leidtragenden, müssen das S-Bahn-Chaos ausbaden.