Artikel mit Notizen

„Schreiben über das Schreiben“ ist das Thema einer Blogparade, die Anna Koschinski auf ihrem Blog veranstaltet. Leute, eine Blogparade, die auch noch ein interessantes Thema hat und die ich nicht zwei Wochen nach dem Ende entdecke, da muss ich den Füller doch in die Hand nehmen, um einen Text für die Blogparade zu schreiben. Das fühlt sich ja fast wie früher an, also legen wir los!

Den Füller? Ja, tatsächlich habe ich letztes Jahr wieder damit begonnen, meine längeren Texte zuerst per Hand, mit dem Füller, zu schreiben. Das habe ich – als ich damit begonnen habe, Texte in Blogs zu veröffentlichen, – so gemacht, bin dann irgendwann aber dazu übergegangen, die Texte direkt am Computer zu schreiben. Letztes Jahr ist mir aber bewusst geworden, dass das so für mich nicht richtig ist!

Wenn ich meine Texte per Hand schreibe, habe ich schon während des Schreibens mehr Zeit, um meine Gedankengänge zu sortieren. Es bleibt auch mehr Zeit, um auf Gedanken zu kommen, die mir erst spontan beim Schreiben kommen, die vorher also noch nicht gedacht waren. Diese können und dürfen dann noch spontan mit in den Text einfließen, wenn sie denn für das Thema und den Text wichtig sind.

Natürlich könnte ich mir diese Zeit, die ich mir beim Schreiben mit der Hand nehme, auch beim Schreiben mit der Tastatur nehmen, aber dank 10-Finger-System tippe ich dann doch immer viel zu schnell, – auch weil es kein Script gibt, welches ich abtippe – springe von Gedanken zu Gedanken und vergesse dann oftmals die Hälfte. Wenn ich hingegen ein Script abtippe, so wie jetzt, dann kann ich spontan noch Gedanken einfügen, verliere dabei aber nicht den roten Faden, weil ich ja meine per Hand aufgeschriebenen Gedanken habe, an denen ich mich orientiere.

Das mit den verlorenen oder vergessenen Gedankengängen nervte mich im letzten Jahr dann auch ziemlich. Wenn so ein Text erst einmal fertig ist, dann bedeuten neue Gedankengänge nämlich meist, dass der gesamte Text noch einmal überarbeitet werden muss. Das bedeutet dann auch, dass während des Überarbeitens des Textes, wieder neue Gedankengänge kommen, die dann wieder mit eingearbeitet werden müssten. Einfach den fertigen Text nehmen und die Gedanken zu ergänzen ist für mich nicht so einfach. Der Text wirkt dann nicht fertig, die Lesenden würden merken, dass das nicht rund ist, der Text ergänzt wurde. Der Text wirkt dann einfach nicht so, wie ich gerne hätte, dass er wirkt. Der neue Gedankengang wäre dann ein Fremdkörper, weil er im alten Text nicht mitgedacht wurde. Und wenn ein Blogartikel dann erst einmal veröffentlicht ist, dann ist es sowieso unmöglich, die dann fehlenden Gedankengänge zu ergänzen!

Nun könnte ich natürlich sagen, dass das nicht passiert, wenn ich den Text per Hand schreibe, aber das wäre unehrlich. Wenn ihr von diesem Text meinen handgeschriebenen Text lesen könntet, und ihn dann mit dem Text hier vergleicht, würde euch auffallen, dass es eigentlich ein anderer Text ist, auch wenn ich mein Script als roten Faden nutze, habe ich jetzt beim Abtippen doch noch die Möglichkeit, meine Gedanken noch weiter schweifen zu lassen und das mache ich dann an einigen Stellen auch. Hier zum Beispiel. Damit ist dann auch schon geschrieben, dass mir natürlich auch beim Schreiben mit der Hand einige Gedankengänge entgehen, aber es passiert tatsächlich sehr viel seltener, weil ich bewusster schreibe. Und wie schon ausgeführt, kann ich die Gedanken, die beim Lesen des Textes noch dazu kommen, beim Abtippen des Textes noch einarbeiten. Einarbeiten an der richtigen Stelle, dort wo sie passen, dort, wo sie nicht wie Fremdkörper im Text wirken, weil sie einfach nur ergänzt wurden.

Schreiben, das ist oftmals eine Debatte mit meinen inneren Stimmen. Die hinterfragen Gedankengänge, fragen nach, ob das Geschriebene so stimmt und zeigen auf, wenn eine der vier Botschaften des Geschriebenen beim Empfänger falsch ankommen könnten. Diese Debatte könnte ich nicht so intensiv führen, wenn ich meine Texte direkt am PC schreiben würde. Das ist mir in den letzten Jahren bewusst geworden, auch wenn ich natürlich Strategien hatte, damit ich am Ende auch mit den Texten zufrieden war, die ich am Ende in meinem Blog veröffentlicht habe. Aber viele innere Debatten habe ich dann erst geführt, wenn der Text schon öffentlich war und – wie schon erwähnt – dann ist eine Änderung des Textes einfach unmöglich, ohne dass es ein neuer Text wird.

Wie schon geschrieben, ist Schreiben für mich eine innere Debatte. Ich sortiere während des Schreibens mein Chaos im Kopf. Verknüpfe Gedanken, um Erkenntnisse zu gewinnen. Verarbeite Informationen, die ich aus Texten gewonnen habe, aus Büchern, die ich gelesen habe, aus Artikeln, aus sozialen Medien. Oder halt aus Videos, die ich geschaut habe, aus Podcasts, die ich gehört habe oder eben aus Gesprächen, die ich geführt oder die ich zufällig gehört habe. Schreiben ist also meine Technik, um mir bewusst zu werden, wie meine Meinung oder meine Ansicht zu einem gewissen Thema ist. Ich reflektiere damit auch Meinungen und Ansichten, die für mich bisher richtig waren und passe diese notfalls an oder ändere sie sogar komplett.

Sicher würde es da auch andere Möglichkeiten geben. Ein gutes Streitgespräch mit anderen Menschen zum Beispiel, aber schreiben ist wohl die entspannteste Form, um sich selbst bewusst zu werden, welche Position bei einem bestimmten Thema zu den eigenen Werten und Ansichten passt. Beim Schreiben fällt auch der Abwehrkampf weg, der oftmals in Diskussionen mit anderen Menschen auftritt, wenn diese eine komplett andere Position einnehmen. Sollte zwar nicht so sein, aber ich nehme mich da nicht raus, auch wenn ich natürlich versuche, mich auf die Meinungen der anderen Menschen erst einmal einzulassen.

Okay, im oberen Abschnitt ist der negative Aspekt zu erkennen, der beim Schreiben mit der Hand auftritt: Ich schweife gerne einmal vom Thema ab! Aber das würde ich beim Schreiben mit der Tastatur auch machen, nur würde ich dann wahrscheinlich nicht mehr zurück zum eigentlichen Thema kommen. Ich finde, dass das auch okay ist, denn ich schreibe einen Blogartikel und da dürfen Gedanken durchaus auch einmal wandern!

Gerade kommt mir der Gedanke, dass eventuell auch Stichpunkte reichen würden, die ich mit der Hand aufschreibe. Aber das nur nebenbei. Muss ich noch einmal genauer darüber nachdenken.

Meist fange ich mit dem Schreiben an, wenn mich ein Thema nicht mehr loslässt, wenn ich nachts nicht schlafen kann, weil sich meine inneren Stimmen streiten und eine davon anfängt, aus diesem Streit einen Text zu formulieren. Schreiben ist somit auch ein Weg, um Ruhe in meinem Kopf zu bekommen. Die Stimmen streiten sich eigentlich immer, wenn ich ihnen Input liefere, aber nicht immer so schlimm, dass ich am Ende auch etwas aufschreiben muss. Sie akzeptieren durchaus auch mal den Einwand, dass ich zu einem Thema schon mehrere Texte geschrieben habe. Dann formuliert die eine Stimme zwar dennoch einen Text, ist aber schon zufrieden, wenn ich diesen als kurzen Gedanken auf meinem Fediverse-Kanal veröffentliche.

Was fehlt, sind Rückmeldungen zu meinen Texten. Input, um über das Geschriebene noch einmal zu reflektieren und andere Positionen einfließen zu lassen. Das ist dann in direkten Gesprächen wieder besser, auch wenn ich da nicht so wirklich über all das reflektieren könnte, über das gesprochen wird und ich am Ende wohl doch wieder einen Text schreiben oder wieder innere Debatten führen müsste.

7 Gedanken zu „23.02.2024: #Blogparade – Schreiben über das Schreiben

  1. Wow, was für ein schöner Text über das Schreiben und die Liebe und die Kraft, die darin stecken – dankeschön! Ich erkenne mich in Teilen wieder, zum Beispiel wenn du schreibst, dass du mit dir selbst diskutierst und es dann im Text in eine konsumierbare Form gießt… Das mache ich auch. Aber ich tippe fast alles direkt in den Editor, mit der Hand schreibe ich nur Briefe und in mein Journal, das sind aber alles Texte, die ich nicht veröffentliche. Super spannend, dass du es mal anders probiert hast und dann aber zurückgekehrt bist zum Schreiben von Hand. Ich liebe diese vielen verschiedenen Perspektiven auf Schreiben – es ist wirklich so unterschiedlich wie wir es als Menschen sind. Danke für diesen Text und dass du ihn mit in die Sammlung gibst – freue mich jetzt schon auf die Zusammenfassung 😉

  2. Es ist interessant, wie ähnlich die Herangehensweise beim Bloggen ist. Jedenfalls ähneln sich Texte zu diesem Thema doch oft. Ich mache es ähnlich wie du. Aber meine Texte sind nicht immer so ausführlich. Dass ich mich mitunter kontrovers äußere, weißt du. Aber ich mache das nicht, um anderen meine Meinung aufzudrängen. Das wäre ein Missverständnis. Wir brauchen einen offenen Diskurs. Einen, der nicht durch die vielen moralischen Scheuklappen verstellt ist, mit denen wir es in unserer Zeit leider zu tun haben. Unterschiedliche Gedanken und Perspektiven sind für eine Gesellschaft (eine demokratische zumal) unverzichtbar. Nur so können wir uns gut weiterentwickeln. Im Moment scheint es ganz aus der Mode gekommen zu sein, andere Meinungen zu dulden. Das kommt vermutlich davon, dass sich eine Seite hauptsächlich aufs Moralische fixiert hat. Nicht gut.

    Dein Text hat mir gefallen!

    • Na das ist doch ein wunderbarer Aufhänger für einen Beitrag zur Blogparade. Was das Schreiben als Einladung zum Diskurs leistet und wie wir es benutzen wollen. Also ich bin dafür, dass du das schreibst 😀

      Liebe Grüße
      Anna

  3. Wow, wie schön Du Deine Diskussion mit Dir hier wieder gegeben hast! Ich höre daraus, dass Du Dich nicht nur mit Dir, sondern auch mit dem Stück Papier, Deinem Füller, der Tastatur und Deinen vielen guten Gedanken auseinandersetzt. Welch famose Runde! Da kommt mir gerade die Idee, das könnte man doch mal als Talkshow wiedergeben 🙂 Und da sind wir wieder beim Thema. Solche Gedanken kommen mir NUR an der Tastatur. Wirklich nie mit einem Stift in der Hand. Vielleicht brauche ich das drängende Blinken des Cursers um meine Gedanken rauszulassen. Ich hab’s mit der Hand immer und immer wieder versucht. Funktioniert für mich nur beim Journeln oder um Stichworte zu skizzieren.

    Übrigens noch ein Hinweise: Deine Anmerkung „Und wenn ein Blogartikel dann erst einmal veröffentlicht ist, dann ist es sowieso unmöglich, die dann fehlenden Gedankengänge zu ergänzen!“ kann ich nicht teilen. Ich habe schon öfter ganze Gedanken- und Handlungsstränge gelöscht und durch neue ergänzt. Das ist doch das Feine am Blog. Er ist Dein Werk und Du kannst jeden Beitrag jederzeit verändern.

    Schön, Dich hier bei Anna’s Blogparade getroffen zu haben. Ich geh‘ jetzt mal lesen, was so vom Papier über die Tastatur auf Deine Seite geflossen ist.

    Getippte Grüße Christine aka Frau vom Main

    • Hallo Christine,

      Wein kann ich dir leider nicht anbieten, Kamillentee habe ich auch nicht, aber der würde dich ja auch eher gleich wieder vertreiben. Danke für deine Gedanken und ja, das Schreiben ist sehr individuell. Ich habe da heute noch ein wenig mehr darüber nachgedacht, weil in meiner Anfangszeit habe ich mit sehr vielen Rechtschreib- und Grammatikfehlern gebloggt. Und ich bin froh, dass ich damit angefangen habe, auch wenn ich mir meiner Schwächen durchaus bewusst war. Habe ein wenig überlegt, ob ich die Fehler vielleicht jetzt doch einmal verbessern sollte, aber ich würde dann halt auch damit anfangen, die Artikel zu überarbeiten und dann würden die Gedanken von damals mit den Gedanken von heute verfälscht.

      Aber ja, es ist richtig. Natürlich könnte ich Texte einfach ändern, könnte ganze Passagen austauschen. Aber es wären dann halt andere Texte, mit anderen Gedankengängen und dann schreibe ich halt einfach gleich einen neuen Blogartikel und veröffentliche den halt auch, auch wenn ich mich dann wiederhole. Die Freiheit habe ich im Blog ja auch.

      Ich hoffe, du findest hier ein paar interessante Gedanken. Viele sind es in den letzten Jahren nicht gewesen. Vielleicht auch einige, die aus einem Impuls entstanden sind, die ich aber wahrscheinlich schon zwei Wochen später ganz anders gedacht habe. Es ist für mich selbst immer wieder mal spannend, manchmal frage ich mich selbst dann auch, ob das wirklich mein ernst ist und schäme mich ein wenig.

  4. Was für ein wunderbarer, tief schürfender Text über das Schreiben! Und alle Achtung: Dass du überhaupt noch mit der Hand schreiben kannst, bewundere ich! Irgendwie ist mir diese Fähigkeit schon bald verloren gegangen, nachdem ich angefangen hatte, jede Menge in Tastaturen zu tippen. Ich könnte meine eigene Schrift nicht mehr lesen, so „verkommen“ ist sie mangels Übung!

    „Meist fange ich mit dem Schreiben an, wenn mich ein Thema nicht mehr loslässt, wenn ich nachts nicht schlafen kann, weil sich meine inneren Stimmen streiten und eine davon anfängt, aus diesem Streit einen Text zu formulieren.“

    Ja, so geht es mir auch, wobei meine Stimmen nicht wirklich streiten, sondern ich quasi anfange, im Geist zu bloggen! Dann ist es wirklich Zeit, denn wenn ich das übergehe, verlieren sich die Impulse über den Alltag wieder.

    „Was fehlt, sind Rückmeldungen zu meinen Texten. Input, um über das Geschriebene noch einmal zu reflektieren und andere Positionen einfließen zu lassen.“

    In nun bald 25 Jahren Digital Diary hab ich es als Fehler erkannt, immer noch alles einbinden zu wollen, was möglicherweise zum Thema gesagt werden könnte – und es gleich mit zu beantworten. Die Texte werden dann so „rund“, dass es kaum mehr Anlass gibt, sie zu kommentieren, zu ergänzen, zu widersprechen. Entsprechenden Lücken und Fehlstellen im Text so zu lassen, fällt mir aber nach wie vor schwer!

  5. Danke für den interessanten Artikel, der aufzeigt wie unterschiedlich doch das Schreiben „gehandhabt“ wird.

    „Was fehlt, sind Rückmeldungen zu meinen Texten. Input, um über das Geschriebene noch einmal zu reflektieren und andere Positionen einfließen zu lassen.“
    Daran haperte es bisher auch bei meinen bisherigen Blogs, die ich dann völlig frustriert wieder gelöscht habe. Natürlich ist auch nicht auszuschließen, dass die fehlende Resonanz darauf zurückzuführen ist, dass der Inhalt „kein Schwein interessiert“.

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