es nutzt überhaupt nichts, wenn du dir jetzt schon Gedanken über den tot machst. Du hast recht, die letzten Jahre sind viel zu schnell vergangen, und die nächsten 30 Jahre werden wahrscheinlich noch schneller vergehen, aber was haben wir denn davon, wenn du dich ständig mit Fragen rund um den tot beschäftigst?

Ja, irgendwann werden wir nicht mehr sein, und ja, wenn wir nicht mehr sind, dann wird all das, was wir jetzt schreiben und tuen, sehr schnell vergessen sein. Aber soll ich mich deswegen jetzt in eine dunkle Ecke verkriechen und nichts mehr machen? Wäre das die richtige Lösung? Wahrscheinlich nicht, denn dann könnten wir uns gleich lebendig begraben lassen!

Verdammt noch mal, lass es doch sinnlos sein, das Leben. Wichtig ist doch nur, dass ich es lebe. Wir haben jetzt die Zeit es zu tun, auch wenn die Erinnerungen am Ende nichts mehr wert sein sollten. Und außerdem weißt du es ja nicht, denn die Möglichkeit besteht ja, das nach dem Leben noch etwas kommt. Und dann? Dann hätten wir beide das Leben verschwendet, nur weil du dir diese Fragen immer wieder stellen musstest.

Lass den Blog doch in zwei Jahren verschwinden, oder in vier, oder in acht. Was wäre so schlimm daran? Die Artikel wurden alle gelesen, es wurden Kommentare geschrieben und wir hatten unseren Spaß. Die Erinnerungen würden bleiben, zumindest solange, bis wir sterben und alles, was danach wäre, das sollte uns beiden erst einmal egal sein. Dir genauso, wie mir. Ja Gehirn, du protestierst, du sagst mir, dass wir beide eine Person sind. Doch so kommt es mir nicht vor! Ich bin voller Tatendrang und du, du bremst mich immer wieder ein. Erinnerst du dich an die Buchvorstellungen, die ich schon längst geschrieben haben wollte? Ja? Warum sind sie denn noch nicht geschrieben? Doch nur, weil du mich davon abhältst, weil du sagst, dass es doch sinnlos ist. Und genau das ist unser Problem, deines und meines. Ich will Leben, ich will die 30, 40, 50 Jahre, die mir noch zur Verfügung stehen, nutzen. Ich will das machen, was mir Spaß macht. Doch dann kommst du, Gehirn, und sagst mir, dass es mir das doch gar keinen Spaß machen dürfte, das es doch sinnlos ist, was ich mache.

Ja und? Lass es zu, lasse es sinnlos sein, lass mich doch einfach machen. Lass uns die Natur erkunden, lass uns wieder gemeinsam zur Leipziger Buchmesse fahren, lass uns Spaß haben und lass uns versuchen, die Welt zu verändern. Du hast Angst, dass wir keine Spuren hinterlassen könnten. Die Angst habe ich auch, aber nur deswegen, weil du uns beide so ausbremst. Wieso machst du das? Nur weil wir beide jetzt im 30sten Lebensjahr sind? Was soll’s? Hatten wir die letzten 30 Jahre denn keinen Spaß zusammen? Doch hatten wir und das sollten wir auch weiterhin haben. Doch das können wir nur, wenn du es zulässt, wenn du die nervigen Fragen, die wir beide nicht beantworten können, einfach mal vergisst. Vergesse sie doch einfach, bis wir beide 90 sind, oder 100 und stelle sie dir erst, wenn wir wirklich kurz vorm Sterben sind. Dann hatten wir Spaß und sollte nach dem tot wirklich nichts mehr kommen, dann hatten wir immerhin ein schönes Leben. Der Rest kann uns doch dann egal sein, denn den bekommen wir doch nicht mehr mit.

Liebes Gehirn, lasse es uns doch einfach mal probieren, lass uns das Jahr 2012 genießen. Du denkst jetzt einfach mal nicht an den tot, sondern an das Leben. Lass uns die vielen schönen Dinge entdecken, die wir bisher nicht entdecken konnten. Ich verspreche dir, für die Fragen hast du später noch genügend Zeit, aber bis dahin genießen wir jetzt das Leben.

In Liebe,

Dein Ich

6 Gedanken zu „Liebes Gehirn,

    • Tja, weiß nicht. Ich glaube, man könnte mich für komisch halten, wenn ich schon an mein eigenes Gehirn einen Brief schreibe 😉 . Aber ansonsten geht es mir doch ziemlich gut 😉

  1. Ich könnte Dir ja mal für 24 Stunden mein „Gehirn“ ausleihen – aber dann würdest 1tens deines sicherlich nicht mehr für komisch halten und 2tens würdest dich dann freiwillig in die „Anstalt“ einweisen lassen. 🙂

  2. Hallo Gehirn
    Ich finde den Artikel gar nicht komisch. So hatte doch auch ich komische Gedanken in den letzten 2 Jahren.
    War ich sonst Jaaaahre am Stück gesund, fiel ich auf einmal in ein Krankheitsloch. Dann denkt man erst einmal oh oh… was kommt jetzt? Geht es zu Ende? Und auf einmal sitzt man in einer solchen Spirale drin.
    Aus dem Teufelskreis bin ich glücklicherweise 2011 ein gutes Stück rausgekommen, war es Ende 2009 und Anfang 2010 noch anders. Aber das ist ja sooo lange her und wir schreiben 2012.
    In diesem Sinne, eine stabile Gesundheit Euch allen und weiterhin alles Gute!
    Alex

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