Es begab sich also zu einer Zeit, in der die Sozialdemokratische Partei Deutschlands vom Neoliberalismus durchfressen war, dass sich junge Menschen aufmachten, um der Sozialdemokratie neues Leben einzuhauchen. Sie beschwerten sich über die Ungerechtigkeit, die in der Welt herrschte. Sie analysierten, was sich ändern müsste, damit diese Ungerechtigkeit besiegt werden könnte, sahen aber nicht, dass das Ungeheuer in der eigenen Partei saß.

Zu nah und groß schienen noch die Geschichten von den großen Kämpfen, welche durch die eigene Partei geführt wurden. Zu glorreich schienen noch die Siege, die für das Proletariat erkämpft wurden und zu Stolz waren diese jungen Menschen noch über die Heldentaten der Partei, die irgendwo in ferner Vergangenheit schimmerten.

Vergessen die Untaten, die durch die eigene Partei in jüngerer Vergangenheit getätigt wurden. Vergessen das Tarifeinheitsgesetz, vergessen die Hartz4-Gesetze und auch vergessen die Liberalisierung des Arbeitsmarktes und der Zeitarbeit. Immerhin hatte diese Partei ja irgendwann einmal Ideale, an die sich der junge Sozialist festhält. Ideale, die der junge Sozialist wieder zum erstrahlen bringen möchte, doch das Ungeheuer, welches die Partei fest in der Hand hat, kann darüber nur lachen.

Zu fest waren die Spinnennetze, die dieses Ungeheuer um die Partei gesponnen hatte. Der innere Kreis der Partei war umgeben von Dornenhecken, die nur ein Eingeweihter durchdringen konnte. Nur wer die Saat des Neoliberalismus in sich hatte, hatte eine Chance in den inneren Kreis der Partei vorzudringen. Nur wer TTIP, CETA und VDS für gut befand, hatte den Schlüssel, um diesen undurchdringbaren Wall zu durchqueren.

Der Rest begnügte sich damit, von außen zuzuschauen und zu applaudieren, obwohl von ihren Werten und Idealen im inneren Kreis nichts übrig blieb. Sie wurden dort auf dem Scheiterhaufen verbrannt, um Energie zu erzeugen.

So begab es sich zu dieser Zeit, dass der junge Sozialist, obwohl er in großen Texten seinen Widerstand angekündigt hatte, doch Werbung für den inneren Kreis machte. Mit seinen Idealen und Werten kämpfte er dafür, dass die Sozialdemokratische Partei Deutschlands stark blieb, damit sie, in ferner Zukunft, wenn das Ungeheuer, welches die Partei heimsuchte, besiegt wurde, für ihre Ideale und Werte stehen kann. Den Kampf selbst aber scheute der junge Sozialist. Ihm war bewusst, dass die Dornenhecke Wunden hinterlassen würde, Wunden, die er nicht bereit war zu ertragen. Vielmehr hoffte er, dass das jubelnde Parteivolk einen Aufstand wagen würde. Er hoffte, dass die, die ihre Ideale auf dem Scheiterhaufen brennen sehen konnten, aufstehen und sich zur Wehr setzen. Er hoffte, dass sie sich mit Wasser bewaffneten, um das Feuer zu löschen. Doch viel zu tief saß schon der Keim des Neoliberalismus in diesem Parteivolk, viel zu durchfressen war es von dieser Krankheit. Und doch gesellte sich der junge Sozialist gerne zu ihnen.

Und so geschah es, dass der junge Sozialist zu einem Sozialdemokraten wurde und sich eben auch mit dem Keim des alternativlosen Neoliberalismus ansteckte. Seine Worte schalten noch, als auch er seine Ideale auf den Scheiterhaufen warf. Seine Werte brannten noch, als er das erste Mal eine Errungenschaft der Arbeiterschaft mit Füßen trat.

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