Teddy Bär auf der Suche nach Sonne

Chaotisch, vollkommen ohne Plan über die Buchmesse schlendern. Von Halle zu Halle, ohne Idee, was ich eigentlich entdecken möchte. Internet, um die chaotischen Zustände etwas zu ordnen, gibt es nicht. Oder gibt es vielleicht doch, denn am Eingang stand etwas vom kostenlosen WLAN.

WLAN wäre auch die einzige Möglichkeit, denn das Netz meines Mobilfunkanbieters ist auch an diesem Ort wieder überlastet. Das es hier viele Menschen geben könnte, was bei einer Messe ja durchaus nicht abwegig ist, scheint meinem Mobilfunkanbieter nicht bekannt zu sein, und so wäre WLAN die Rettung gewesen. Doch ich habe absolut keine Ahnung, wie ich an dieses WLAN komme.

Ich habe übrigens auch keine Ahnung, wie ich auf dieser Messe an Geld komme. In Berlin gibt es Geldautomaten auf dem Gelände der Messe, hier gibt es nur eine Sparkasse. Dieser möchte ich aber keinesfalls Gebühren für eine Abhebung bescheren, waren doch die Nachrichten, die ich letztens lesen durfte, nicht wirklich Werbung für dieses Institut. Gewinne von 2 Milliarden sorgen dort dafür, dass die Gebühren für die Kunden erhöht werden müssen.

Es ist nicht mein erster Besuch auf der Buchmesse, um genau zu sein, ist es mein zweiter Besuch. Beim ersten Mal war ich nicht alleine hier, und so habe ich vielleicht gar nicht gemerkt, was die Buchmesse eigentlich mit mir macht, oder ich war von zu vielen Reizen umgeben. Der zweite Besuch jedenfalls macht mich fertig.

Die Buchmesse treibt mich. Der Lärm, die Hektik. All das hat mit Lesen nichts mehr zu tun. Es ist eine Jagd! Entdecken? Fallen lassen? Ist nicht möglich. Der Lärm treibt einen vor sich hin und wer das nicht möchte, der fällt tot um, wie die Meise, die leblos im Wasser im Hof der Messe schwimmt. Ob es zu viel Stress war? Verstehen könnte ich es.

Auf einer Insel habe ich Internet gefunden. Eine WLAN Insel. 1.000 MB für lau, wenn ich meinen Namen und meine Adresse heraus gebe. Ich mache es, ich hoffe immer noch auf Ordnung in meinem Chaos, ich hoffe, dass ich noch die eine Entdeckung mache, dass ich den Grund für diesen Ausflug doch noch finde. 1.000 MB kosten sonst wohl 25,- Euro für 24 Stunden, dass ist es jedenfalls nicht, warum ich zur Buchmesse gefahren bin.

Das Rauschen, welches den Besuch der Buchmesse begleitet, verhindert in mir die Neugierde auf die vielen Bücher, die nur eine Armlänge von mir entfernt stehen. Ich frage mich, warum für so viele Buch- und Literaturblogger die Messen solch wichtige Terme sind. Schaffen diese es wirklich, das Rauschen abzustellen? Schaffen sie es wirklich, die Neugierde auf die Bücher zu wecken? Ich kann es fast gar nicht glauben, ich irre über die Buchmesse, schlendere zum dritten Mal an den Buchständen vorbei, durchquere das vierte Mal die Halle mit der Bloggerlounge, ohne mich hinzusetzen. Ich fühle den Kopfschmerz, der sich langsam in meinem Kopf ausbreitet.

Vielleicht bin ich zu sehr Leser. Vielleicht habe ich eine andere Vorstellung davon, mich einem Buch zu nähern, vielleicht brauche ich die Intimität der Stille, um die Neugierde auf ein Buch aufzubauen. Diese Intimität gibt es hier nicht. Hier werde ich beobachtet, von den Besuchern, von den Standbesitzern, von den Büchern. Ich möchte die Bücher beobachten, ich schaffe es nicht. Sie beobachten mich, beäugen mich, lachen mich von überall an und doch sind sie für mich nicht greifbar, sie interessieren mich nicht. Ich siehe durch die Hallen, suche die Geschichte, die ich in meinem Literaturblog verarbeiten kann – ich finde sie nicht.

Ein heimlicher Besuch in der Nacht könnte die Lösung sein. Allein durch die Hallen der Messen schlendern, sich von den Buchcovern anlächeln lassen, sich verführen lassen, vom Klappentext, der durch das Rauschen soweit entfernt ist. Unerreichbar durch das Desinteresse der Schüler, die nur hier sind, weil die Lehrer es für eine gute Idee halten, nicht aber, um ein gutes Buch zu entdecken. Durch die Hallen schwärmend, um die Zeit zu überbrücken, bis sie wieder nach Hause dürfen.

Es ist spät geworden, 17 Uhr. Die Messe schließt bald, der erste Tag ist fast vorbei. Ich habe nichts! Ich weiß nicht einmal wirklich, warum ich auf der Messe war. Ich habe kein Buch kennen gelernt, habe mich in keine Geschichte verliebt. Ich war auf der Messe, ja, aber eigentlich war ich auch nicht dort. Ich habe eigentlich keine Kraft mehr, eine letzte Runde. Mich spricht ein Mann an, ein Autor, ein Standbetreiber. Wofür ich schreiben, möchte er wissen, ich stottere, kann es dann aber doch in Worte fassen. Ob ich ein Buch von ihm rezensieren möchte? Klar, eine Rettung, wenigstens ein Artikel für meinen Literaturblog. Dankbar nehme ich das Buch an. Ich glaube, er ist auch ein wenig überfordert von der Messe, ich weiß es aber nicht. Ich bin überfordert, kann es aber nicht in Worten fassen. Ich lasse meine Karte da, schreibe noch schnell die Adresse meines Literaturblogs drauf, denn für diesen habe ich keine extra Karte. Ich verschwinde.

Ich lande noch einmal auf der Internetinsel. Ich checke noch einmal meine Mails, schaue noch einmal bei Twitter nach. Die Ordnung, die ich gesucht habe, habe ich nicht gefunden. Die Ordnung konnte ich auch nicht finden. Die Buchmesse lässt keine Ordnung zu, die Buchmesse ist das Chaos, und gegen dieses Chaos komme ich alleine nicht an.

Verwirrt und Verirrt verlasse ich die Buchmesse. Ich steige in die Straßenbahn, lasse mich fort tragen von diesem Ort. Ich könnte nicht erzählen, was ich gesehen habe. Habe ich etwas gesehen? Nicht einmal die Poesie, die es auf der Buchmesse gab, konnte mich festhalten, nicht einmal sie konnte mit Geborgenheit geben. Das Rauschen der Messe trieb mich auch hier fort, die Hektik steckte mich an, ich wollte doch den Grund finden, das Buch, die Geschichte, wegen der ich zur Buchmesse gekommen bin. Ich fand beides nicht. Ich war verloren, verloren auf der Buchmesse.

Ein Gedanke zu „Verloren auf der Buchmesse

  1. Schade, dass die Buchmesse auf dich so wirkt. Und du warst ja noch an einem ruhigen Tag da.
    Bei mir ist es genau andersrum. Obwohl es so laut und voll und wühlig ist, finde ich die Atmosphäre total entspannend und freundlich.
    Ich kann mich wunderbar treiben lassen und von Buchrücken zu Buchrücken schlendern.
    Aber jeder nimmt es nun mal anders war.

    Liebe Grüße
    Lexa

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